Wir geben der schweigenden Mehrheit eine Stimme
Pressegespräch FW Freie Wähler Lich
| 06.09.2019 | Die Diskussionen rund um das Gewerbegebiet Langsdorfer Höhe in Lich werden immer lauter und leider auch unsachlicher. Wir wurden und werden in den letzten Tagen und insbesondere nach den Podiumsdiskussionen im Rahmen des Bürgermeisterwahlkampfes, von Bürgerinnen und Bürger angesprochen, die sich deutlich für die Errichtung eines Logistikzentrums und des Baues eines Kreisverkehrs auf der B457 aussprechen und damit auch die Hoffnung verknüpfen, dass die FW Freie Wähler weiterhin zu ihrem Beschluss stehen und für den Bebauungsplan stimmen. Diese Anfragen und Gespräche bestärken Vorstand und Fraktion an ihrer grundsätzlichen positiven Haltung zur Bebauung der Langsdorfer Höhe festzuhalten. Wir warten gespannt auf das Ergebnis der Offenlegung, in der die Träger öffentlicher Belange sowie Bürger ihre Bedenken gegen den Bebauungsplan anmelden konnten. Nach jetzigem Kenntnisstand hatten die Träger der öffentlichen Belange keine Bedenken angemeldet. Die Offenlegung ist übrigens auch eine wichtige Form der aktiven Bürgerbeteiligung an der Meinungsbildung zur Langsdorfer Höhe.
FW Freie Wähler stehen zu ihren Entscheidungen
Den Zustimmungen der Freien Wähler zu den Aufstellungsbeschlüssen der Bebauungspläne im November 2018 und zuletzt im März 2019 gingen intensive Beratungen innerhalb der Fraktion voraus. Neben den zur Verfügung gestellten Unterlagen der Verwaltung haben wir auch externen Sachverstand hinzugezogen.
Bezüglicher der Langsdorfer Höhe gelingt es der Stadt Lich ein Gewerbegebiet von über 21 Hektar an einen Investor, die Dietz AG aus Bensheim, zu vermarkten. Die innere Erschließung obliegt dem Investor, zudem errichtet dieser einen großen Kreisverkehr mit Bypass auf der Kreuzung Hungener Straße zur B457. Einen zweiten Kreisverkehr, über den das Gewerbegebiet angeschlossen wird, sowie die Errichtung eines ausreichend dimensionierten Regenauffangbeckens, das in dieser Größe auch bei einer kleinteiligen Erschließung auch zwingend erforderlich ist, bezahlt der Investor. Kosten rund 4,5 Mio. €. Sämtliche Planungen sind nach Recht und Gesetz und den aktuellsten Anforderungen erfolgt. Dies wurde auch von den zuständigen Behörden bestätigt.
Die Fraktionsvorsitzenden aller in der Licher Stadtverordnetenversammlung vertreten Gruppierungen haben am gestrigen Donnerstag Einsicht in den Mietvertrag von der Dietz AG mit Wayfair erhalten. In dem Vertragswerk ist auch das LKW Verkehrsaufkommen dargestellt. Aus den Unterlagen geht hervor, dass das tägliche LKW-Aufkommen, je nach Wochentag, zwischen 300 und 400 Fahrzeugen liegt, am Samstag werden 150 LKWs erwartet. Die maximale Anzahl der Verkehrsbewegungen ist in dem Mietvertrag gedeckelt.
Grundsteuer B auf der Fläche wird kommen
Eine Aussage, wie sich die Bebauung der Langsdorfer Höhe auf die Einnahmenseite der Stadt auswirkt, kann zum jetzigen Zeitpunkt selbstverständlich nicht verbindlich getroffen werden. Sicher sind die Einnahmen aus der Grundsteuer B auf der Fläche. Hier kann man vermutlich nach ersten Schätzungen von einem Betrag von rund 175.000 Euro ausgehen. Inwieweit die Dietz AG oder deren potenzieller Mieter Gewerbesteuer in Lich zahlen, kann aufgrund der aktuellen rechtliche Vorgaben nicht vorhergesagt werden. Aber es gibt in Lich schon heute Unternehmen, die, obwohl der Firmensitz außerhalb unserer Stadtgrenzen liegt, einen nicht unerheblichen Anteil ihrer Gewerbesteuer in Lich abführen. Ebenso sind Anpassungen im internationalen Steuerrecht zu erwarten, da sich die EU und insbesondere Deutschland und Frankreich für eine Besteuerung von Unternehmen, die ihren Sitz im Ausland haben, vehement einsetzen.
Wichtiger als die Gewerbesteuer ist für Lich die Einkommensteuer. Rund 52 % der Licher Steuereinnahmen resultieren aus der Einkommenssteuer. Wenn auf der Langsdorfer Höhe 500 Arbeitsplätze geschaffen werden, wird dies auch in diesem Bereich einen positiven Einfluss auf die Steuereinnahmen unserer Stadt haben.
Arbeitsplätze entstehen im ganzen Landkreis Gießen
Arbeitsplätze entstehen nicht nur für Licher Bürger, sondern der ganze Landkreis Gießen zieht positiven Nutzen aus der Bebauung der Langsdorfer Höhe, auch dies wirkt sich indirekt auf Lich aus. Neben Fachleuten für die Logistik werden auch zahlreiche kaufmännische Mitarbeiter und IT-Experten gebraucht. Aktuell sind bereits erste Mitarbeiter von Wayfair in der Region auf der Suche nach Wohnungen bzw. Häusern. Da Wayfair zusätzlich die Verlagerung eines kleinen Standorts nach Lich plant.
Für den Bau soll auch auf Unternehmen aus der Region, so diese über Kapazitäten verfügen zurückgegriffen werden. Es wird ein Investitionsvolumen von über 75 Mio. Euro durch die Dietz AG an dem Standort erwartet. Der Mieter Wayfair wird voraussichtlich weiter 35 bis 50 Mio. Euro in die technische Ausstattung der Hallen sowie der Arbeitsplätze investieren. Insgesamt 110 bis 130 Mio. €. Und auch nach Fertigstellung können heimische Dienstleister im Rahmen der Unterhaltung von Gebäude und Technik Wertschöpfung in Lich halten und damit letztendlich die Einnahmen der Stadt absichern.
Bürgerbefragung
Den Weg über eine Bürgerbefragung zu gehen, sehen wir nach wie vor kritisch. Beim erste Statement gegenüber der Presse war der Wortlaut des Dringlichkeitsantrages der SPD uns noch nicht bekannt. Mittlerweile liegt dieser vor, er ist zwar nett formuliert, aber inhaltlich absolut unbrauchbar. In einer emotional aufgeputschten Situation ist die simple Frage: Ob man der Bebauung der Langsdorfer Höhe zustimmt, absolut unzureichend. Da diese einfache Frage die weitreichenden Folgen für unsere Stadt Lich nicht im Entferntesten berücksichtigt. Die Tragweite dieser Antwort wird den Bürgerinnen und Bürger bei dieser reduzierten Fragestellung nicht bewusst. Hinzu kommt, dass dieses Verfahren in der Hessischen Gemeindeordnung nicht vorgesehen und nach juristischer Beratung angreifbar ist.
Was passiert, wenn der Bebauungsplan abgelehnt wird?
Das ist die Kernfrage, deren weitreichenden Folgen sich die Vertreter der Bürgerinitiativen bisher leider verschließen. Gerade im anstehenden Bürgermeisterwahlkampf haben die Kandidaten zusätzliche Wunschlisten aufgesetzt. Deren Umsetzung jedoch in den Sternen stehen wird.
Ein wichtiges anstehendes Projekt ist eine weitere Kindertagesstätte (Investitionsvolumen ca. 3,5 Mio. €, jährliche Personalkosten rund 1,0 Mio. €). Der Ausbau der Seniorenarbeit, u.a. mit aufsuchender Betreuung wird mit weiteren Personalkosten zu Buche schlagen. Ebenso der Ausbau der Mobilität für Fahrradfahrer (innerstädtische Radwege, Fahrradstellplätze). Von der Förderung des Umbaus der alten Ortskerne ganz zu schweigen. Diese Mittel werden in Zukunft fehlen.
Auch die Abschaffung von Straßenausbaubeiträgen wird bei der Einengung der finanziellen Spielräume für die Stadt nicht möglich sein, da die Steuereinnahmen für die Grundversorgung benötigt werden.
Viele freiwillige Leistungen der Stadt werden heute als Selbstverständlichkeit gesehen und sind dabei die Grundvoraussetzung für ehrenamtliches Tun. Im Jahr 2018 wurde z. B. der Betrieb des Hallenbads mit 115.000 € gefördert, zusätzlich wurden 7.500 € investiert. Auch das Waldschwimmbad wurde mit 29.000 € unterstützt. Das Gemeindeschwesterprojekt wird seit Jahren jährlich mit 15.000 € gefördert. Geld, dass nicht nur Senioren zu Gute kommt, sondern auch den Gemeindeschwestern eine Verdienstmöglichkeit eröffnet. Zusätzlich werden dem Projekt kostenfrei städtische Räumlichkeiten zur Verfügung gestellt. Auch zahlreiche Vereine und Organisationen, von Musikschule, über Sportvereine bis zur Jugend- und Kulturförderung, profitieren zurzeit von der guten Finanzlage der Stadt. Umfang und Höhe dieser Förderung wird zukünftig auf dem Prüfstand stehen.
Spielräume erhalten
Spielräume der Stadt bestehen darin Gebühren und Steuern zu erhöhen und Ausgaben zu senken. Auch die Erhöhung der Kindergartengebühren wird zum Thema werden. Und ob die Stadt auf Dauer den Umfang der Betreuungsleistung in den acht Kitas, der zurzeit noch über dem gesetzlich festgeschriebenen Niveau liegt, aufrecht erhalten werden kann ist auch fraglich.
Neue Schulden sind keine Lösung. Da das Land Hessen den Kommunen die Spielräume für Kreditaufnahmen und damit Neuverschuldungen stark eingeschränkt hat. Nicht umsonst wurden viele Kommunen unter den Rettungsschirm genommen, um deren Überschuldung in den Griff zu bekommen.
Die uns vorliegenden Fakten rund um die Langsdorfer Höhe sowie die greifbaren negativen Auswirkungen auf die Entwicklung der Stadt Lich, die Daseinsfürsorge, aber auch die umfangreichen freiwilligen Leistungen, bei einer Ablehnung des Bebauungsplanes, stärken die Freien Wähler in ihrem Beschluss der Bebauung zuzustimmen.
Wir entscheiden uns nicht nur für das Gewerbegebiet Langsdorfer Höhe, sondern unsere Fürsorge gilt der ganzen Stadt Lich. Wir Stadtverordnete sind Teil der repräsentativen Demokratie und wurden von den Bürgern mit einem Mandat ausgestattet. Der von einer großen Mehrheit getragene Aufstellungsbeschluss beruht auf einer sorgfältigen Abwägung der Fakten. Daher sind wir der festen Überzeugung, dass auch die anstehende abschließende Entscheidung von den Licher Stadtverordneten zeitnah getroffen werden muss.
FW Freie Wähler Lich
Josef Benner
Fraktionsvorsitzender
